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Stimmungsbericht zum Metropolitan-Tag 2021

Am 16. September 2021 fand der dritte Metropolitan-Tag unter dem Thema «Pandemie und Potenzial. Corona als Stresstest und Nährboden für Innovation im Metropolitanraum Zürich» statt. Rund 100 Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft fanden sich im X-TRA in Zürich zusammen. In verschiedenen Themenblocks diskutierten Expertinnen und Entscheidungsträger*innen über die Vor- und Nachteile eines föderalistischen Systems in Zeiten der Krise, über die Zusammenarbeit und die Rolle organisierter funktionaler Räume, über die Einschränkungen grenzüberschreitender Mobilität sowie über Lösungsansätze für die Post-Corona-Demokratie. Ziel des Anlasses war es, für diese Themen zu sensibilisieren und den Diskurs zu fördern.

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Die Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh hiess die Gäste als Präsidentin der Metropolitankonferenz Zürich willkommen. Sie zeigte als Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zürich die Tragweite der Pandemie für den Metropolitanraum auf und betonte den weitreichenden Einfluss auf Verkehr, Wirtschaft und Arbeit.

Föderalismus als Erfolgsmodell durch die Pandemie?
Michael Künzle, Stadtpräsident Winterthur, gab Einblick in die Aktivitäten Winterthurs in der Coronakrise. Er appellierte an die Einbindung der Städte bei der Entscheidungsfindung und das Informationsbedürfnis der Gemeinden. Seiner Meinung nach hatte sich der kantonale Sonderstab bewährt.
Cloé Jans, Leiterin operatives Geschäft und Mediensprecherin gfs.bern, sprach sich nicht gegen den Föderalismus aus, auch nicht in der Krise. Aber ihr Plädoyer war gegen das Verharren im Status Quo gerichtet – eine Eigenschaft, die ebenfalls fixer Bestandteil unserer nationalen Identität ist.
Dr. Johanna Schnabel, Dozentin am Otto Suhr Institute for Political Science / Freie Universität Berlin, präsentierte Vorteile des Föderalismus in der Pandemie: Differenziertes Vorgehen, Qualität der Entscheidungen, Flexibilität und ein bestimmtes Mass an Einheitlichkeit. Ihrer Einschätzung nach war und ist der Schweizerische Föderalismus für dezentrale, koordinierte Lösungen gut aufgestellt. «Wir sollten das Potenzial des Föderalismus unter Sicherstellung der Handlungsfähigkeit nutzen», betonte Schnabel.
Im ersten Panel fanden Michael Künzle, Cloé Jans, Dr. Johanna Schnabel und Matthias Michel, Ständerat Zug, zum Thema Rolle des funktionalen Raums in der Corona-Krise und Zusammenarbeit im Metropolitanraum Zürich zusammen. Gemeinsam diskutierten sie die Schwächen und Vorzüge unseres föderalistischen Systems. Einige der föderalistischen Strukturen in der Schweiz beurteilten die Podiumsgäste als durchaus positiv. Fazit war jedoch, die Corona-Krise brauche formelle Körperschaften, funktionale Räume reichen nicht aus.

Zusammenarbeit mit Baden-Württemberg
Themenblock 2 widmete sich den Auswirkungen und Folgen von Covid-19 für die grenzüberschreitende Mobilität aus Sicht des Detailhandels, der Industrie, des Tourismus und der Bodenseeregion.
Gisela Erler, ehemalige Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung von Baden-Württemberg (2011-2021), zeigte auf, dass die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit durch die Pandemie deutlich wurde und in Zukunft noch zunehmen wird und gestärkt werden soll. Baden-Württemberg wirke als Brückenbauer und die nachbarschaftliche Arbeit und der Dialog seien wichtig.
Dr. Stephan Wartmann, CEO Brugg Group, schilderte die Herausforderungen (Lieferengpässe, Reiserestriktionen, Fachkräftemangel, Rohstoffknappheit), Massnahmen (Digitalisierung und digitale Transformation, Geschäftsbereichsstrategie) und Erfolgsfaktoren (IT-integrierte Abstimmung, Internationalisierung) aus der Sicht eines global tätigen Unternehmens während der Pandemie und aktuell.
Ursula Nold, Verwaltungsratspräsidentin Migros-Genossenschafts-Bund fasste das letzte Jahr aus Sicht des grössten Schweizer Detailhändlers zusammen: Umsatzrekord beim Migros-Kerngeschäft aber trübe Ergebnisse bei Reisen, Gastronomie und Freizeit. Gesamthaft kam das Schweizer Unternehmen wohlbehalten durch die Pandemie. Es zeigte sich ein verändertes Kaufverhalten: Der Online-Handel spielte nicht nur bei Non-Food eine immer grössere Rolle, sondern auch beim Lebensmittel-Einkauf.
Andreas Züllig, Präsident HotellerieSuisse, legte eindrücklich dar, wie die Pandemie einen Einbruch der Logiernächte verursachte, insbesondere in den Städten. Längerfristig wird sich das gesamte Reiseverhalten verändern. Daraus würden sich aber auch Chancen, wie die Kooperation und Vernetzung mit Gästen oder die Bewirtschaftung neuer Kunden und Märkte, ergeben, die es zu nutzen gelte.
Verschiedenen Stimmen aus dem Publikum wiesen in der Paneldiskussion deutlich auf das Interesse für die aufgezeigten Themen hin. Gewünscht ist in Zukunft auf jeden Fall eine nähere Zusammenarbeit mit unserem nördlichen Nachbarn, dem Bundesland Baden-Württemberg. Gisela Erler betonte: «Wir können den direkten Kontakt schliesslich unabhängig vom Rahmenabkommen EU-Schweiz knüpfen». Ein Schmunzeln ging durch das Publikum.

Lage der Nation
Nach Einblicken aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, fokussierte der Nachmittag die gesellschaftlichen Themen. «Wie geht es unserer demokratischen Gesellschaft rund 1.5 Jahren nach der Pandemie?» Dieser Frage ging Prof. Dr. Katja Rost, Professorin für Soziologie an der Universität Zürich, nach. Sie zeigte auf, dass die soziale Ungleichheit in hochentwickelten Ländern anstieg und die Frauen hinsichtlich Aufgabenteilung in Familie und Haushalt wortwörtlich eine «Rolle rückwärts» machten. Ihre Take-Home-Message lautete: Die Politik muss diverse Meinungen einbeziehen, eigenständige Lösungen erarbeiten und die Folgekosten berücksichtigen.
Der zweite Teil des Themenblocks Pandemie und demokratische Gesellschaft widmete sich fünf verschiedenen digitalen Lösungsansätzen für die Post-Corona-Demokratie. In Breakout-Sessions diskutierten die Gäste gemeinsam mit den Projektleiter*innen deren Ideen und digitalen Tools. Diese reichten von E-Partizipation (Konova AG) über eine Plattform für Personen ohne Stimmrecht (Forum for Inclusion) und elektronisches Unterschriftensammeln (owlly) bis hin zur Verknüpfung von Daten und Interessen (impACT) sowie zur Förderung des Demokratieverständnis an Schulen (voty.ch).

Lost in Covid
Als Überraschungsblock folgte ein Film. Dieser illustrierte, wie die Generation Z im Metropolitanraum Zürich die Pandemie erlebte und gab der Jugend eine Stimme. Diese Generation war auf ganz eigene Art von Covid-19 betroffen. Die Jugendlichen waren über lange Zeit «gegroundet», es fehlte an Kontakt und Austausch. Der Film ging im Sommer 2021 den Fragen nach: «Was nehmen die Jungen aus der Krise mit? Wie ist ihr «state of mind»? Wie hat sie die Krise verändert? Was ist Neues entstanden? Welche Chancen haben sie gepackt?». Die Protagonisten Jessie und Max gingen diesen Fragen auf ihrem Roadtrip durch die Metropolitanregion vom Aargau bis in den Thurgau auf den Grund. Fazit: Die interviewten jungen Menschen haben diese spezielle Situation gut gemeistert, eventuell sogar besser als wir.

Ausblick
Zum Abschluss wagten wir einen Blick in die Zukunft der Begegnung und folgten den Worten von Prof. Sarah Kenderdine, Professorin für Digitale Museologie an der EPFL Lausanne. Sie berichtete darüber, wie die Pandemie die Entwicklung hin zu mehr virtuellen Begegnungen enorm beschleunigt hatte und wie soziale und kulturelle Angebote (z. B. Museen) für alle Altersgruppen gewinnbringend verändert oder ergänzt werden können.
Das Schlusswort gehörte Anders Stokholm, dem Stadtpräsidenten Frauenfeld und Vizepräsidenten der Metropolitankonferenz Zürich. Er fasste die Highlights zusammen und bedankte sich für den erkenntnisreichen Tag.

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