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Warum das Einfamilienhaus (EFH) für die Ortsplanung ein schwieriges Thema ist

Dem Namen nach dient ein EFH einer Familie, doch schon nach einem Drittel des Gebäudelebens entfernt sich die tatsächliche Nutzung vom namensgebenden Zweck. Theoretisch müsste der Markt dafür sorgen, dass ein, nach dem Auszug der Kinder, unternutztes Haus (mit ⌀ 142 m2) einem neuen, grösseren Haushalt zukommt. Einige Faktoren bewirken jedoch, dass 54 % der EFH-Haushalte nur aus einer oder zwei Personen bestehen. Diese sind folgende:

Hohe Angebotsmieten sorgen dafür, dass es meistens günstiger ist, im zu gross gewordenen (eigenen) Haus zu bleiben, da eine kleinere Wohnung selten entsprechend preiswerter ist. Zudem sorgt die örtliche Verwurzelung der «empty nesters» (im Haus verbleibende Eltern) dafür, dass sie den Hort der Familien-Erinnerungen bis ins hohe Alter weiter bewohnen. Gegen die wünschenswerte Weitergabe an die jungen Familien der einstigen Kinder spricht häufig, dass diese sich zwischen Auszug und Familiengründung oft andernorts angesiedelt und verwurzelt haben. Und findet sich doch ein Kind für eine Übernahme, erschweren nicht selten emotionale und finanzielle Hürden der Erbteilung deren Umsetzung.

1970 gab es ca. 0.3 Mio. EFH, was 37 % aller Gebäude in der Schweiz ausmachte. 2019 wurde die Millionenmarke erreicht und der Anteil ist auf 57 % angewachsen –doch nur 27 % der Bevölkerung lebt darin. Über zwei Drittel aller EFH sind also nicht älter als 50 Jahre. Die erste Sanierung steht bei dieser Boomphase erst an.

Die kleinteilige Struktur des Einzeleigentums sorgt dafür, dass ein planerischer Einfluss der Gemeinde nur indirekt erfolgen kann – einerseits über den Zonenplan, vielmehr jedoch über Sensibilisierung, Überzeugung, Beratung und Anreize. Schiebt man als Gemeinde das Thema als «Privatsache» ab, drohen v. a. zwei Dinge:

1. Der Alterung der Häuser und ihrer Bewohner:innen bleibt die nötige Vorsorge verwehrt, sodass die Wohn- und Energiesituation in den Quartieren zunehmend in Schieflage geraten. Man entfernt sich vom Ziel der nachhaltigen Entwicklung und haushälterischen Bodennutzung.

2. Das knappe Angebot kann die Nachfrage nach diesem «Wohntraum» nicht decken. Die Folge sind hohe Hauspreise und lukrative Kaufangebote. Doch der gezahlte Preis kann oft nur mit einem Abriss und dem Neubau eines MFH refinanziert werden. Daraus folgen eine übermässige bauliche Verdichtung und Versiegelung der einst durchgrünten EFH-Quartiere, die nicht nur bei Menschen beliebt sind, sondern nachweislich auch zu den artenreichsten Gebieten gehören.

Das Projekt «Zukunft EFH» sucht nach alternativen Erneuerungsoptionen zwischen diesen zwei Extremen: dem ratlosen Verharren im Status-Quo und dem Verkauf mit anschliessender Ersatz-Verdichtung. Zusammen mit Praxispartnern sollen die in diesem Sinne gefährdeten bzw. prädestinierten Quartiere identifiziert und mit interessierten Hausbesitzenden sanftere Formen der (sozialen) Verdichtung, Erneuerung und Altersdurchmischung ausgelotet werden.

Autor: Witali Späth, Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung (RZU)